LEITBILD
Im Laufe der Zeit, in der die Kindheit immer mehr nach drinnen verlegt wurde und sich die Entwicklung der Kinder stark verändert hat, erhalten Kinder im Waldkindergarten durch die vielfältigen Rahmenbedingungen, darunter das Fehlen fester Räumlichkeiten, die Abwesenheit vorgefertigten Spielzeugs und eine autonome sowie unstrukturierte Umgebung, neue und einzigartige Impulse für ihre Entwicklung.
Die pädagogische Arbeit des Waldkindergartens ist geprägt von folgenden Schwerpunkten:
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Förderung der Eigenverantwortlichkeit
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Entdeckendes Lernen
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Ganzheitliches Lernen
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Umwelt- und Naturpädagogik
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Praxisorientiertes Lernen durch Handeln und Erleben
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Vermittlung kulturgebundener Fähigkeiten und Kompetenzen
Neben den unmittelbaren Naturerfahrungen werden in unserem Waldkindergarten auch traditionelle Werte unserer christlich-abendländischen Kultur vermittelt. Dies geschieht beispielsweise durch die Einbindung von Bräuchen und Festen sowie die Erklärung ihrer Bedeutung im Kindergartenalltag.
Des Weiteren legen wir Wert auf die Bereicherung des pädagogischen Umfelds durch Besuche und Ausflüge zu verschiedenen Einrichtungen und Institutionen wie Seniorenheim, Feuerwehr, Förstern, Bauern, Vereinen und anderen.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Integration des Waldkindergartens in das soziale Gefüge der Gemeinde sowie die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Dies wird beispielsweise durch Kooperationen mit Schulen oder durch gemeinsame Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit verwirklicht.
Typische Bereiche, in denen sich der Waldkindergarten von einer Regeleinrichtung unterscheidet, sind nachfolgend zusammengefasst.
01
Viel Platz für die Bewegung
Die Kinder haben im Wald buchstäblich Raum, um einfach nur Kind zu sein. Dadurch können sie ihre körperlichen Fähigkeiten und Grenzen besser erfahren. Die Vielfalt der Natur bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Bewegung: Hüpfen, Springen, Klettern, Balancieren, Kriechen, Tanzen und vieles mehr. Diese Bedingungen schaffen ideale Voraussetzungen für eine gesunde psychomotorische Entwicklung. Kinder, die in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt sind, trauen sich oft weniger zu. Im Gegensatz dazu gewinnen Waldkinder in der Regel mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein, da sie beispielsweise auf Bäume klettern können und gelernt haben, sicherer zu fallen.
02
Raum für das Ausleben kindlicher Bedürfnisse
Der Wald bietet eine Umgebung, in der Kinder ihre eigenen Handlungen ausführen und ihre Fähigkeiten und Grenzen ausprobieren können. Dieser Freiraum ermöglicht es einem Kind, bei einer Aktivität zu verweilen, die seinem individuellen Bedürfnis entspricht, ohne von Störungen wie Lärm oder räumlicher Enge beeinträchtigt zu werden. Ein Kindergarten ohne "Türen und Wände" trägt dazu bei, dass sich Aggressionen nicht aufstauen und zu Stress führen, sondern sich auf kreative und angemessene Weise entfalten können. Die relativ kleine und überschaubare Gruppe bietet ideale Möglichkeiten, soziale Konflikte konstruktiv zu lösen.
03
Stimulation aller Sinne und ganzheitliche Erlebnisse
Die Vielfalt der Natur spricht alle fünf Sinne des Kindes - Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken und Sehen - auf eine facettenreiche Weise an. Dadurch sind die Erfahrungen der Kinder tiefgreifend und bleiben lange in ihrem Gedächtnis verankert. Kinder möchten sehen, berühren, erleben und eine Beziehung zu den Objekten ihrer Neugier aufbauen. Sie lernen hauptsächlich durch eigenes Handeln, Erkunden, Untersuchen, Experimentieren, Entdecken und Erleben.
04
Raum für Stille
Insbesondere der Wald bietet eine ideale Umgebung, um Ruhe zu erleben, zu lauschen und sich für feinste innere und äußere Prozesse zu sensibilisieren. Die Erfahrung von Stille ist äußerst wertvoll, da sie beispielsweise zur allgemeinen Differenzierung des Wahrnehmungsvermögens, zur Förderung von innerer Ruhe und Stabilität sowie zur Steigerung der Konzentrationsfähigkeit beiträgt. Dies steht in starkem Kontrast zu den hohen Lärmpegeln, die typischerweise in geschlossenen Räumen auftreten.
05
Förderung von Vorstellungskraft und Interaktion
In unserer üblichen Umgebung sind die meisten Gegenstände um uns herum oder in Kinderzimmern mit festgelegten Funktionen verbunden. Diese vorgegebene Bedeutung definiert im Voraus die Verwendung oder den Zweck des Gegenstands. Ein Stuhl dient zum Sitzen, Spielzeugautos werden gefahren und in einer Spielzeugküche wird gekocht und gegessen. Dies erleichtert oft die Entstehung von gemeinsamen Spielen und führt häufig zu nonverbaler Kommunikation.
Im Gegensatz dazu ist der Wald als Spielraum sehr unstrukturiert und weitgehend frei von vordefinierten Bedeutungen. Ein Baumstumpf kann genauso gut als Stuhl, Tisch, Aussichtsplattform oder Verkaufstresen dienen. Ein Blatt könnte ein Teller, ein Geldschein oder ein Brief sein. Diese Eigenschaften der Umgebung ermöglichen den Kindern eine hohe Flexibilität in der Interpretation.
Dies hat einerseits zur Folge, dass die Fantasie der Kinder deutlich stärker angeregt wird. Andererseits führt die Vielfalt der Interpretationsmöglichkeiten zu einer intensiveren Kommunikation zwischen den Kindern. Das verbale Mitteilen ihrer eigenen Deutungen und der Austausch untereinander sind wesentliche Elemente, um das Spiel zu beginnen. Auf diese Weise wird die Sprachentwicklung der Kinder in hohem Maße gefördert.
06
Förderung der Gesundheit
Aktivitäten im Freien bei Wind und Wetter tragen zur Stärkung des Immunsystems bei. Die erholsame Atmosphäre des Waldes unterstützt die körperliche und seelische Gesundheit. Durch mehrstündigen Aufenthalt an der frischen Luft verringert sich auch das Risiko für Infektionskrankheiten, die typischerweise in geschlossenen, warmen Räumen leichter übertragen werden.
07
Förderung sozialer Kompetenzen
Im Wald wird jedes Gruppenmitglied stärker als Helfer und Wissensvermittler benötigt. Dieses gegenseitige Abhängigkeitsverhältnis stärkt die sozialen Fähigkeiten. Die Kinder lernen, ihre eigenen Interessen zu erkennen und zu verteidigen, gleichzeitig aber auch anderen zu helfen, Rücksicht zu nehmen und Verständnis zu zeigen.